Sein Weg zum Kfz-Mechatroniker war holprig. Er führt ihn über Bits und Bytes. Von Schule und Familie geradezu zum Studium überredet, beginnt der Prenzlauer ein Informatikstudium. Es ist ihm zu theoretisch. Nach vier Jahren wirft er hin und beginnt eine Lehre – in seinem Traumberuf. Interview: Mirko Schwanitz

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DHB: Johann, mit 28 Jahren sind Sie der Älteste in Ihrem Ausbildungsjahrgang…
Johann W. Wiviorra: Das stimmt. Es war auch ein langer Weg bis in diese Ausbildung.
DHB: Was ist passiert?
Johann W. Wiviorra: Dass, was wahrscheinlich vielen Jugendlichen heutzutage passiert, die ihr Abitur machen. Ihnen wird eingebläut, dass sie nur etwas werden können, wenn sie studieren. Mit diesem Argument werden sie von Lehrern und den Eltern geradezu bombardiert. Man ist jung, vertraut auf den Rat der Älteren. Und merkt oft zu spät. Man hätte auf seinen Bauch hören sollen.
DHB: Manchen sagt der Bauch aber nach dem Gymnasium noch nichts…
Johann W. Wiviorra (lacht): Stimmt auch wieder. Aber bei mir war das anders. Ich habe schon mit zehn, zwölf Jahren voller Begeisterung in Autozeitschriften geblättert. Kfz, damit wollte ich was machen.
DHB: Und das fanden Ihre Eltern nicht so gut?
Johann W. Wiviorra: Eltern haben es auch nicht leicht. Die wollen immer das Beste für Ihr Kind. Ist ja klar. Ich war ein Computer-Nerd. Statt Sport, geile LAN-Partys, Computer selber zusammenbauen, Programme schreiben, das volle Programm eben… Sie sahen das und dachten, Mensch, der Junge sollte mit diesem Talent was anfangen.
DHB: … und sie sträubten sich?
Johann W. Wiviorra: Halb zogen sie ihn, halb fiel er hin – Sehen Sie, mein Großvater war Bauer, leitete mal eine LPG, meine Mutter ist Krankenschwester, mein Vater Fliesenleger. Die wissen, was harte Arbeit ist und wollen für ihren Jungen ein besseres Leben und leichter verdientes Geld.
DHB: Also haben Sie sich ergeben?
Johann W. Wiviorra: Sie meinen, Hände hoch und durch? Nee, so war das nicht. Aber wenn Ihnen Menschen mit viel mehr Lebenserfahrung alles, was mit einer Berufsausbildung zu tun hat, als unattraktiv anpreisen und auch die Berufsorientierung an ihrer Schule komplett einseitig ist, dann glauben sie diese Märchen am Ende.
DHB: Was meinen Sie damit, die Berufsorientierung sei einseitig?
Johann W. Wiviorra: Nur ein Beispiel. Ich erinnere mich an einen Berufsorientierungstag im Gymnasium. Da gab es vier Vorträge. Drei Vortragende stellten drei Universitäten und die dortigen Studienrichtungen vor. Einer kam von der Barmer und erzählte, was man bei der Gesundheitskasse so werden kann. Handwerk? Kam nicht vor. Mag sein, dass das heute anders ist, aber bei mir war das so.
DHB: Warum haben Sie das Studium dann abgebrochen?
Johann W. Wiviorra: Es ist nicht so, dass mich das nicht interessiert hätte. Aber die Bandbreite innerhalb der Informatik ist groß. Angewandte Informatik, Telekommunikation usw. Ich wechselte während des Studiums mehrfach die Richtung und am Ende war alles unbefriedigend. Ich wollte etwas mit den Händen machen, mit Elektronik, am Ende des Tages aber auch sehen, dass ich was geschafft habe.
DHB: Sie haben vier Jahre studiert, standen kurz vor dem Abschluss. Warum haben sie es nicht einfach durchgezogen?
Johann W. Wiviorra: Wegen meinem VW Golf III.
DHB: Jetzt veräppeln Sie mich…
Johann W. Wiviorra: Keineswegs. Ich hatte mir den Wagen gebraucht gekauft. Und wie das bei einem alten Modell so ist. Da ist immer was dran zu machen. An der Mechanik. Und an der Elektronik. Und ich empfand echte Freude, wenn mich das Auto wieder mal foppte und ich es austricksen, sprich reparieren konnte.
DHB: Und plötzlich war der Kindertraum und die Erinnerung an die Autozeitschriften der Kindheit wieder da?
Johann W. Wiviorra: Genau. Und plötzlich wusste ich, was ich eigentlich schon immer wusste, was mir aber immer ausgeredet wurde. Kfz-Mechatroniker, das ist mein Ding.
DHB: Sie haben sich dann beim Autohaus Burmeister in Prenzlau beworben
Johann W. Wiviorra: Das Lehrjahr hatte schon begonnen. Ich hab es trotzdem versucht. Ich glaube, mein heutiger Chef Mario Burmeister, war ganz angetan. Wir haben uns viel über Technik und Elektronik unterhalten. Ich glaube, der spürte: ich will das und ich kann das. Ich bin dann später eingestiegen und höre, wenn alles klappt, auch früher auf.

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DHB: Sie wurden Lehrling des Monats, eine Auszeichnung, die die Handwerkskammer vergibt, um gute Lehrleistungen schon während der Ausbildung anzuerkennen und zu würdigen. Waren Sie überrascht?
Johann W. Wiviorra: Natürlich. Mit sowas rechnet man ja nicht. Ich sehe es aber auch als Anerkennung für meinen Betrieb. Mit Mirko Firyn haben wir ja hier einen eigenen Ausbildungsleiter. Und es macht sich natürlich bemerkbar, wenn eine Firma einen Ausbilder beschäftigt, der auch wirklich Zeit für die Lehrlinge hat. Das ist ganz wichtig.
DHB: Wenn man Sie heute in Ihr altes Gymnasium einladen würde, um Ihren Beruf vorzustellen. Was würden Sie den Jugendlichen sagen?
Johann W. Wiviorra: Wer ganz klare Vorstellungen hat und genau weiß, was er studieren möchte, der soll das unbedingt machen. Ich behaupte aber, dass viele nur studieren, weil sie noch nicht wirklich wissen, wohin sie wollen. Denen würde ich immer dazu raten, erst eine Berufsausbildung zu machen und danach, mit mehr Lebens- und Praxiserfahrung über ein Studium nachzudenken. Ich habe aber noch nie von einem Gymnasium gehört, das Handwerker einlädt, ihre Berufe vorzustellen.
DHB: Vielleicht hat es damit zu tun, dass man gar nicht weiß, wie sehr sich die Berufswelt verändert hat und wie sehr in vielen Handwerksberufen Abiturienten dringend gesucht sind.
Johann W. Wiviorra: Schöne Grüße an die Lehrerfortbildung….